Unternehmenskultur – das sind wir!

Unternehmenskultur ist der entscheidende Faktor im Unternehmen und ganz besonders in Veränderungsprozessen!

Unternehmenskultur, das ist ganz einfach die Gesamtheit der Überzeugungen und Glaubenssätze, die die Basis für das Verhalten der Mitarbeiter ist. Unternehmenskultur ist kollektive Lernerfahrung im Unternehmen.

Seit über 10 Jahren ist in Umfragen die Antwort auf die Frage, warum eine Veränderung scheiterte: Unternehmenskultur. Auch in der letzten Umfrage von McKinsey im Sommer 2020 wird als größtes Hindernis für die agile Transformation die Unternehmenskultur genannt. Dabei sind folgende Faktoren maßgeblich:

Statische Mindsets
Wer über die Jahre eine gewisse Position erreicht hat, tut sich manchmal schwer, seine Rolle loszulassen. Die routinemäßige, schrittweise Weiterentwicklung und Optimierung der Produkte war doch lange erfolgreich! Warum etwas ändern?
Und wer als Führungskraft glaubt, Agilität bedeute einfach nur, auf Regeln zu verzichten kommt ins Schwimmen. Agilität bedeutet vielmehr, die stetige Veränderung anzunehmen, eine neue, positive Fehlerkultur zu leben, sich nicht an alten Rollen festzuklammern sowie den scheinbaren Kontrollverlust als Chance zu begreifen – denn erst dann entsteht wirklich Raum für echte Innovation, die das Unternehmen braucht.

Starre Strukturen
Silo-Strukturen und starre Prozesse lassen Agilität keine Chance. Räumliche Gegebenheiten wie Einzelbüros und geschlossene Türen, starre Reporting-Strukturen und andere Regelungen – es gibt zahllose Beispiele für organisatorische Routinen, die zentrale Hemmnisse für Agilität sind. Agile Organisationen setzen auf bereichsübergreifende Zusammenarbeit, arbeiten konsequent in Projekten und verzichten auf eine strikte Trennung von Funktionen – weg von der Ellenbogenmentalität hin zu einem kollaborativen Wir.

Reduktion von Agilität auf Techniken
Wer Agilität auf technische Tools reduziert, wird keine agile Organisation aufbauen. Genauso wenig erfolgversprechend ist es, agile Spiele als Einzelmaßnahmen einzuführen. Zwar liefern solche Techniken durchaus Impulse für Agilität, doch, aus dem Zusammenhang gerissen, führen sie mittelfristig nicht zum Ziel. Es gilt also, ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln, das über den technischen und methodischen Wandel hinausgeht.

Falsche Anreize
Anreizsysteme dienen dazu, Fach- und Führungskräfte zu besseren Leistungen zu motivieren. Doch nicht immer wecken klassische Kennzahlen auch den Teamgeist und fördern das agile Arbeiten. Wer nämlich ausschließlich für sichtbare Erfolge belohnt wird, unterlässt es womöglich, innovativ zu denken und sich auch auf unsicheres Terrain vorzuwagen: zu hoch ist das Risiko, am Ende keinen Bonus zu erhalten. Das bedeutet nicht, dass Anreizsysteme nicht mehr zeitgemäß sind. Vielmehr gilt es zu überlegen, wie sie flexibel gestaltet werden können und welche Messgrößen etwa eine schnelle Reaktion auf Märkte abbilden können.

Kein Top-Down-Projekt
Die meisten Unternehmen sind hierarchisch strukturiert, und nicht selten geht das Hand in Hand mit einer Art „Angstkultur“, die agiles Denken und Handeln unmöglich macht. Damit sich das gemeinsame Leitbild ändern und eine Kultur des Vertrauens und des Austauschs entstehen kann, braucht es einen Visionär, der möglichst weit oben in der Hierarchie des Unternehmens angesiedelt sein sollte. Nur wenn er das Projekt „top down“ ins Unternehmen trägt und vorlebt, kann aus Kontrolle Vertrauen werden, aus Abgrenzung Kollaboration und aus Verantwortung Autonomie.

Wie kann Agilität denn nun umgesetzt werden? Wie kann eine Transformation angestoßen werden, die echt und authentisch und nicht nur oberflächlich ist?

Jede Organisation ist einmalig. Jede Organisation hat eine ganz spezielle Unternehmenskultur. Die Voraussetzung für Veränderung in Richtung agile Organisation ist, die bestehende Unternehmenskultur genau zu kennen. Besonders wichtig sind die aktuellen „wunden Punkte“, da sie zum Treiber von Veränderungen werden können. Definieren Sie also die drei bis fünf Punkte, die die signifikantesten Veränderungen bringen können:
die Von – Zu -Liste

Beispiel:

Von Zu

Vorsichtig sein

·  Erst mal auf Nummer sicher gehen, später kann die Idee ja ausgebaut werden.

·  Irrtum muss auf jeden Fall und von Anfang an ausgeschlossen werden.

Sich verantwortlich fühlen

·  Das tun, was richtig ist.

·  Sich sicher sein, die Verantwortung zu haben und experimentieren zu können.

Wer am lautesten ist, gewinnt

·  Nur auf die Vorgesetzten hören.

·  Vorsicht bei eigenen Meinungsäußerungen!

Jede Stimme wertschätzen

·  Aktiv widersprüchliche Positionen suchen.

·  Verantwortung übernehmen und sich äußern.

Managen und befehlen

·  Anderen vorgeben, wie die Dinge erledigt werden müssen.

·  Sich auf Regeln verlassen, um die Arbeit zu organisieren.

Empowern und Coachen

·  Darauf vertrauen, dass andere die Dinge erledigen können.

·  Mit Hinweise und Fragen anderen helfen, Probleme zu lösen.

Meine Aufgaben

·  Eigenen Projekten immer eine höhere Priorität geben als Team-Projekten.

·  Sich unterstützen lassen – aber selbst niemanden unterstützen.

Der Erfolg des Teams

·  Andere glänzen lassen.

·  Offen und transparent agieren.

·  Großzügig anderen Zeit schenken.

 

Geben Sie Ihren Mitarbeitern Gelegenheit herauszufinden, was Agilität für sie persönlich bedeutet und welche Chancen sie sehen. Laden Sie dazu ein (!) sich über persönliche Von – Zu – Listen auszutauschen und entwickeln Sie Prioritäten fürs Unternehmen. Etablieren Sie regelmäßigen Austausch darüber – auf freiwilliger Basis!

Achten Sie darauf, dass die agile Transformation im Unternehmen sicht- und spürbar wird. Beispiele: Sprechen Sie Projektverantwortliche direkt an und nicht über ihre Vorgesetzten. Respektieren und fördern Sie Experimente. Fördern Sie Diskussionen und offenen Austausch von Argumenten und sorgen Sie dafür, dass sich jeder dabei sicher fühlt und nicht mit unangenehmen Konsequenzen rechnen muss.

Achten Sie darauf, dass die angefangenen Veränderungen nicht irgendwann im Sande verlaufen in dem Sie regelmäßige Rückschau halten und neue Ziele anvisieren – in Workshops, Umfragen, Gesprächen … Und feiern Sie Erfolge!

Es stimmt nicht, dass Unternehmenskultur träge sei wie ein großer Tanker! Denn:

Unternehmenskultur – das sind wir!

 

 

Literatur: Laura Heß 22. November 2019  https://insights.tt-s.com/de/die-top-5-hindernisse-agilen-arbeitens; Jurisic, N., Lurie, M. Risch, P. & Salo, O. (2020). Doing vs being: Practical lessons on building an agile culture. McKinsey.com. August 4, 2020.

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